Modelesbe ist doch so Letzter Herbst – dieses Jahr bin ich bi!

Oder, um es anders zu sagen, ich hab‘ ein sehr persönliches Problem mit der Darstellung des Ausprobierens von Sex unter Frauen im aktuellen NEON-Artikel „Das Busenwundern“, via z.B. lantzschi oder auch gleich Kweenz, aber hallo.
Und weil ich das Problem nicht nur mit diesem Artikel habe, und weil das Thema nicht einfach, aber für mich wichtig ist, hier mein Roman zu der Angelegenheit.

Ich würde mich als bi bezeichnen. Das habe ich erst unglaublich spät Stück für Stück realisiert – was nicht heißt, dies und die zögerliche Formulierung der Bezeichnung, dass ich mir nicht völlig, felsenfest, sicher damit wäre. Eher, dass selbst das wieder die allgegenwärtige Zweigeschlechtlichkeit mitschleppt, in der ich mich nichtmal selbst zuhause fühle – nur dass sich unter queer dann irgendwann garniemand mehr irgendwas vorstellen kann. Und dass unter „bi“ so viele verschiedene Dinge verstanden werden, dass ich nie weiß, was mir damit als nächstes unterstellt wird.
Ein großer Moment war zum Beispiel eindeutig die Stellungnahme von Prof. Dr. Bernd Grzeszick, Uni Heidelberg vor dem Rechtsausschuss des Bundestags am 21. 4. 2010 zur Ergänzung des Grundgesetzartikels 3 um das Merkmal „sexuelle Identität“, via z.B. queer.de, oder:
Als Ich Einmal eine Geschlagene Seite Lang Versuchte, Meinen Unterkiefer Wieder Hochzubekommen, Während Ein „Sachverständiger“ Konsequent Bisexualität Und Polyamory Verwechselte.
Seite 9, es ist witzig.

Ohne jedenfalls für den Großen Bi Hive Mind ™ sprechen zu wollenähm, kann ich zumindest sagen, dass ich die üblichen Erfahrungen von Monosexismus bestätigen kann


(z.B. wikipedia, homowiki), teils für mich, teils für andere Bi-Menschen, die ich kenne, die sich da in etwa zusammenfassen lassen in die schönen Bereiche

„Bisexuelle Menschen existieren nicht/ sind unwichtig“

„Bi-Menschen sind doch nur verkappte [homo/hetero]-sexuelle Menschen, die unsicher sind und es nicht auf die Reihe kriegen, sich zu entscheiden“,

„Bi-Leute sind nur halb so diskriminiert wie Homo-Leute, und Homo-Leute können jederzeit für die Probleme von Bi-Leuten sprechen“,

„Bi-Leute wollen doch nur bösartig [gleich/anders]-geschlechtliche Leute für [Sex/emotionale Beziehungen] ausnutzen, während sie Dich nächste Woche, aber spätestens in [1/2/5/10] Jahren WIEDER VERLASSEN WERDEN für eine [HETERO/HOMO]-Beziehung! Und dann LACHEN sie über Dich“ (und jedesmal, wenn ein Bi-Mensch jemand für eine Person des jeweils anderen Geschlechts verlässt, wird das als Beleg gewertet)

und das, nennen wir es Grzeszick-Theorem:

„es gelte

  • 1. Bisexuelle Menschen werden ständig von Menschen ZWEIER Geschlechter angezogen.
  • 2. In einer monogamen Beziehung haben Menschen nur ein_e Partner_in EINES Geschlechts

es folgt

  • 3. Bisexuelle Menschen brauchen ZWEI Beziehungen.“

Formuliere Grzeszick um zu „Bisexuelle Menschen können in einer monogamen Beziehung nicht treu bleiben, wenn sie nicht ihre ‚wahren Gefühle‘ unterdrücken“ (denke dabei nicht darüber nach, dass eine Beziehung nach Grzeszick, zu Ende gedacht, aus vier Menschen bestehen müsste), kombiniere dies mit der generellen Schwierigkeit der ganzen Identitätsfinderei, in der durch die Große Heteronormative Gehirnwäsche aufgehaltene späte Vortaster_innen auf gestandene, seit zehn Jahren geoutete Lesben_Schwule treffen, und dem tatsächlichen Vorhandensein polyamouröser Menschen und Beziehungen und den wiederum hierzu gehörigen Vorurteilen, und die Schlussfolgerung

Lass Dich niemals NIE NIE jemals never EVER mit Bi-Menschen ein, sie werden Dich nur fertigmachen

ist perfekt.

Ich wollte über den NEON-Artikel schreiben, richtig?
Modelesben.

„Modelesbe“ ist angeblich ein Begriff für eine Hetero-Frau, die, um mit einer mal angenommenen „lesbischen Mode“ zu gehen, Sex oder eine sonstwie geartete Beziehung mit einer Lesbe sucht oder hat. Nur um dann a) festzustellen, dass das doch prinzipiell nichts für sie ist und/oder b) wieder bei einem Typen zu landen.

Mein Problem? Mein Problem ist, dass die Vorwürfe gegen die „Modelesben“ dort in etwa 1:1 dieser obigen Liste entsprechen. Oder, naja, 3:5.
Mein Problem ist, dass die angebliche fiese ausnutzende EVIL „Modelesbe“ kaum zu unterscheiden ist von einer legitim und offen handelnden Bifrau, oder einer Heterofrau, die sich nicht sicher ist. Unterstellte zwischenmenschliche Verantwortungslosigkeit einerseits und völlig legitime Handlungen von Menschen, die weder eindeutig hetero noch homo sind, andererseits, werden zusammengeschmissen und daraus ein ziemlich stinkender Matsch an Pauschalverurteilungen gerührt.

Auf Kweens steigt die Autorin in die Diskussion um den offenen Brief an sie und den Artikel ein, um der dortigen Kritik an ihrem Artikel (die ich übrigens voll und ganz teile) jede Grundlage abzusprechen -auf eine hier nicht näher kommentierte Weise, und „entschuldigt“ sich dann:

Für jede Hetera /Lesbe/ Trans, die/der sich durch meinen Artikel persönlich angegriffen fühlt: Verzeihung.

„Nett“, „danke“, aber hier fehlen (unter einer langen Liste anderer Dinge) die Bi-Frauen, die sie billig abtut damit, „auch nicht alle Formen der Liebe diskutieren“ zu wollen, ohne auch nur anzuerkennen, dass in ihrem Artikel überall große „Dies Beschreibt Bi-Menschen!“-Schilder hängen.

Es ist einfach kein Zufall, dass Bi-Frauen in ihrer Entschuldigung fehlen: Sie sieht sie nicht, da wo sie sind. Wir existieren nicht.

Und gehen wir doch mal den unlogischen Wust an Vorwürfen durch:

Sex oder Liebe?

Dieser öde vermeintliche Gegensatz nun wieder, aber bitte.

Der Modelesbe geht es um erotische Kunststücke, nicht um große Gefühle

heißt es, und

für einen Abend buchen sie bei mir und meinen Freundinnen das erotische Wunderland. Am nächsten Morgen geht es zurück zum Freund und in den Beziehungsalltag. Ich würde das als sexuellen Mißbrauch bezeichnen.

(AUTSCH! Ein One-Night-Stand in beiderseitigem Einverständnis ist sowas wie sexualisierte Gewalt?! Heilige Scheiße, wie respektlos gegenüber sexuell mißbrauchten Menschen geht’s denn noch?)
Dann wieder lässt die hypersexualisierende, objektivierende, verächtliche Beschreibung der betreffenden Frau (kleine Nebenfrage – wozu brauchen wir eigentlich noch sexistische Macker?), die im Übrigen von Anfang an sagt, dass sie einen Freund hat und sich ausprobieren will, zusätzlich zur gesamten Abschleppmasche in keiner Weise darauf schließen, dass es hier um irgendwas außer Sex gehen soll:

Allerdings ist Juliane zu schön, um sie abblitzen zu lassen. […] Sie spielt die Naive, präsentiert ihr Dekolleté, erwartet Komplimente, Freigetränke und Anweisungen. Und für einen Abend macht es mir Spaß, den Mann zu spielen und die Zügel in den Händen zu halten. Natürlich zahle ich das Taxi. Zuhause angekommen ziehe ich Juliane gleich ins Schlafzimmer, immerhin will ich jetzt meine Belohnung kassieren.

Zumal sich noch breit darüber ausgelassen wird, wie unerfahren sich die Ausprobiererin beim Sex anstellt.

Zu Sex gehören immer zwei

Es scheint dann auch mehr und mehr so, als sei der Hauptvorwurf an die „Modelesbe“, nicht in gewünschter Qualität sexuelle Befriedigung zu liefern. Ich zitiere das nichtmal mehr, ich kann mich nur der Kommentatorin bei Kweenz anschließen, die von einer „halben Vergewaltigungsszene“ spricht. Ich verweise an dieser Stelle auf PortlyDykes wichtigen, guten Text zu enthusiastic consent und gutem Sex und kann ansonsten nur sagen, wer die aggressive Mackerrolle einnimmt, zumal gegenüber einer Person, deren Erfahrung gleich Null ist, muss sich nicht wundern, eine passive bis unbeteiligte Reaktion zu bekommen. Liebe Güte, mir wird fast schlecht bei diesem Text.
Sexuelle Aufklärung, 1. Stunde: Wenn es einer_einem von Euch keinen Spaß macht, hört auf. Meine Fresse.

Die Gefühllosen und die Feigen

Hier kommt der Teil, zu dem ich am Wenigsten sagen kann, weil mir die Erfahrung und der Einblick fehlt. Ich bin eine Nachzüglerin. Mein Umfeld ist, bis auf wenige Ausnahmen, hetero bis dorthinaus. Genauso meine Beziehung.

„Sag mal, fehlt Dir nicht was, wenn Du immer nur mit Frauen schläfst?“
NÖÖÖÖP. Ok, Punkt: Geht nicht. Garnicht. Akzeptiert.

Jetzt wird allerdings verallgemeinert:

„Oft“ gibt es ein schlechtes Gewissen am Morgen danach? Hm.
„Gerne“ flüchten Frauen in kurz währende lesbische Beziehungen, nur um reumütig zum jeweiligen Typen zurückzukehren? Ich kann beides nicht beurteilen, ich weiß nur, dass Hetero-Leute meiner Bekanntschaft sowas auch in hetero tun. Garnicht toll. Aber ich schmeiße lieber nicht mit Steinen, und die meisten Leute, die ich kenne, sitzen in ähnlichen Glashäusern.

Nur: Ich gebe zu, dass das das für eine marginalisierte Beziehung nochmal anders mies ist. Und vielleicht kommt es wirklich häufiger vor? Bitterer? Bloß ins sichere Hetero-Nest, raus aus dieser gruseligen Welt? (Internalisierter) Heterosexismus, Angst? Ich habe keine Ahnung.
Ich hätte gern trotzdem keine generalisierenden 1-Satz-Verurteilungen ohne Ausführung oder Beleg, zumal ich das einzige angeführte Beispiel, einer durch eine „Modelesbe“ traumatisierten guten Freundin in einem ähnlichen Fall kenne und aus der umgekehrten Perspektive sah die Geschichte grenzwertig gewalttätig und sehr, sehr anders aus.

Vielleicht ist das der Kram, über den wir alle mal lang und in Ruhe reden sollten? Was das für lesbische Frauen bedeutet, für bi-Frauen, für hetero-Frauen, für queer-Menschen?

Dann aber, „Mangelnde Courage“, die so aussieht:

Modelesben, die […] aus dem Bett heraus ihren Freund per sms um Erlaubnis bitten und sich nach Eingang der negativen Nachricht sofort wieder anziehen.

Ernsthaft? Ich kenne Beziehungen, zum Beispiel meine, in denen es okay ist, mit anderen Leuten Kram anzustellen, solang die andere Person kein Problem damit hat. Feige? „Rücksichtsvoll“ wäre ein alternativer Begriff, der mir einfiele, oder „verantwortungsvoll“, was eine Beziehung angeht, die mensch schließlich gern und freiwillig eingegangen ist, oder „aufrichtig“.

Und zuletzt – frau solle sich für das „erwiesenermaßen bessere Produkt“ entscheiden, wenn sie schon „den Mut und die Neugier hat, sich auf dem erotischen Markt umzusehen“?
Kein Kommentar. Einfach – nein.

Zusammenfassend:

Bisexuelle existieren nicht/sind unwichtig? check.
Kriegen es nicht auf die Reihe, sich zu entscheiden? check.
Nutzen Dich aus und verlassen Dich? check.

Ich kann niemandem die persönliche Erfahrung absprechen. Aber was hier steht, ist etwas anderes, nämlich eine umfassende Generalverurteilung von verschiedensten widersprüchlichen Erfahrungen im Konstrukt einer unsensiblen, rücksichtslosen Modelesbe – die einer bisexuellen Frau zum Verwechseln ähnlich sieht.

Das hilft niemandem weiter.

Ich will nicht von einem beliebigen NEON-Artikel erwarten, perfekt zu sein – aber andererseits steht er nun da und wird in ganz Deutschsprachland gelesen.

Und bitte, lasst uns anders drüber reden. Auch über mich.

ähm Und liebe Güte, kann ich nicht für alle sprechen! Allein was das Weiße und Cis-Privileg hier ausmacht, und das wie auch immer bittere bisherige Hetera-Privileg – mir ist schwindelig. Mehr kann dieser Aufsatz nicht. Es ist ein persönlicher Text aus genau nur meiner Perspektive. Mehr nicht.

Nachtrag 28. 10.: -phobie-Begriffe im Originalartikel durch entsprechende -ismus-Begriffe ersetzt: „Biphobie“ = Monosexismus, „Homophobie = „Heterosexismus“. Begründung: Ableismus. Bitte das auch in den Kommentaren respektieren! Danke.

27 Kommentare

  1. marie

    Wow, bin ich froh über Deinen Text. Du sprichst mir aus dem Herzen und benennst Dinge die mir bis jetzt gar nicht richtig bewußt waren.

    Ich bezeichne mich auch als Bi und habe es auch erst spät bemerkt/zugelassen.

    Und ich kenne auch dass Scheißgefühl nicht ernst genommen zu werden, unsichtbar zu sein, belächelt zu werden, als bösartig, oberflächlich, zu feige für eine Entscheidung usw. wahrgenommen zu werden! Manchmal sosehr, dass ich mich fast schon gefragt hab, ob da was dran ist.

    Danke, dass Du diese Worte gefunden hast!!

    • kiturak

      :‘) Du glaubst garnicht, wie sehr mich das freut. Also, nicht das Scheißgefühl, natürlich! Sondern dass jemand tatsächlich was damit anfangen kann, was ich geschrieben habe. Aber es ist wirklich so krass, wie tief der Mist gehen kann, ohne dass man’s überhaupt unbedingt merkt.
      „Nicht richtig lesbisch“ war auch so was für mich. „Nur halb“. Hat nie jemand gesagt, aber ich hatte selbst nicht richtig das Gefühl, „das Recht“ auf einen Platz unter Lesben zu haben, sozusagen.
      Falls Du sie noch nicht kennst, hier sind die FAQs von BiNe, und fast noch besser fand ich eigentlich The Bisexual Index aus dem UK, falls Du mit der Sprache kein Problem hast. Das hab ich alles nochmal ausgegraben bzw. neu gefunden, nachdem ich den Post geschrieben hatte. Waren auch noch ein paar so Sachen dabei, an die ich selbst garnicht gedacht hatte.

  2. Loellie

    Das hättest du jetzt alles auch geschlechtsneutral formulieren können. Bei den Schwulen sieht das kein bisschen anders aus und für Heteromänner ist man allerdings das fleischgewordene Böse, denn wenns mit dem anbaggern des Heteros nicht funktioniert, könnte der „Bi“-Mann sich ja mit dem Frauchen auf und davon machen. Von wegen weniger diskriminiert.
    Ich bin scheissfroh, dass ich gleich am Anfang der Pubertät, da war ich wohl 11, eine Eingebung hatte und diesen identitären Quatsch des sich entscheiden müssens als Problem anderer Leute erkannte und diese anderen Leute das nicht mal was angeht.

    Wo ich dir allerdings widerspreche, ist der Begriff Queer, denn dieser erlaubt mir erstmals mein Anderssein ausserhalb heteronormativer Denkmuster zu benennen. Ich hab, wenn ich LGBT lese jedesmal das Gefühl ich steh auf dem Arbeitsamt und soll nun erstmal ’ne Nummer ziehen und auch wenn es das Homo / Hetero erweitert, stellt es die Dominanz dieses Modells nicht im geringsten in Frage.

    @“Ich würde mich als bi bezeichnen. Das habe ich erst unglaublich spät Stück für Stück realisiert“

    Und genau deshlb gilt es, diesen heteronormativen Terror zu bekämpfen, der auch in diesem „Bi“ sich perpetuiert. Mit dem schlechten Gewissen, das solche Sätze in mir auslösen, weil ich mich genau diesem Terror schon als halbes Kind durch ein entschiedenes „Leckt mich“ entzogen habe, komm ich schon klar, woher das kommt, weiss ich allerdings auch nicht …

    • kiturak

      huhu!

      Das hättest du jetzt alles auch geschlechtsneutral formulieren können.

      Das hab ich bewusst nicht getan, schlicht deshalb, weil ich mir darüber kein Urteil bilden konnte. Ich hab über den Fall gesprochen, um den es ging – das waren ja nun die „Modelesben“. Und da hat durchaus das Geschlecht nochmal eine spezifische Auswirkung. „Schwulenszene“ lässt sich ja nicht einfach 1:1 in „Lesbenszene“ übersetzen. Wenn du dann z. B. Kommentare liest, in denen Frauen schreiben, ihr Freund würde sie dazu geradezu drängen, und da würde ein ganz schöner Druck ausgeübt (und ich lese sowas nicht zum ersten Mal, „mein Mann findet die Vorstellung, dass ich …“), hm, also ich vermute hier auch eine gegenderte Dynamik. Keine Ahnung, ob es bei sowas darum geht, sich das Hot Bi Babe per Eigenbau ins Haus zu holen (das ist jetzt gemein formuliert), um Projektion (ich würd auch gern mit Typen, bitte mach das auch, damit ich ok bin), oder sonst irgendwas, aber ich hab das zumindest noch nie umgekehrt erlebt – dass ein Typ von seiner Freundin in die Schwulenbar gedrängt wird. Aber selbst wenn’s das auch gibt, ich weiß einfach nichts davon, und ich kann nicht über Sachen schreiben, die ich nicht kenne. Nur als Erklärung.

      Aber ja, wie mies, dass sich in der ehm, wie würdest Du Biphobie dann lieber ausdrücken: Mononormativität*? dann doch wieder alle einig sind :-/

      Zu der Definitionskiste später noch mehr. Nur vielleicht vorab soviel, ich würde mich sowohl als (insbesondere Gender-)queer bezeichnen, als auch als bi.

      *edit – nein, geht auch nicht, ist schon vergeben für das Normative der Monogamie (statt Monosexualität, wie ich es reingebastelt hatte). Für „Biphobie“ gibts m. W. einfach bisher nichts Besseres.

      • Loellie

        Das war keine kritische Anmerkung in dem Sinne, du solltest bitte „korrekt“ geschlechtsneutral formulieren, sondern ein beipflichten. Ich kann das was du schreibst aus der Schwulen Szene tatsächlich 1:1 bestätigen, auch wenn notgeile 15 jährige Jungs, die ihr herumschwulen als Bisexuell behaupteten und dies taten, weil es anno 1980 die Chancen bei den Mädels erhöte, natürlich was anderes sind, als eine erwachsene Hetera in einer festen Beziehung, die zum Gefallen ihres Mannes doch mal bitte mit einer Frau soll, auch wenn die das vllt nicht will.

        Du kannst das auch gerne Biphobie nennen, ich sprech ja auch immer von Homophobie, obwohl ich die Existenz der „phobisierten“ Sexualitäten für eine gewagte These halte. Wenn ich das, was du da oben schreibst stark verkürzt zusammenfasse, dann richtet sich die Biphobie doch gegen etwas, dass es so garnicht gibt.

        • kiturak

          Achso! Na dann 🙂

          Wenn ich das, was du da oben schreibst stark verkürzt zusammenfasse, dann richtet sich die Biphobie doch gegen etwas, dass es so garnicht gibt.

          Das ist sehr spannend, ich hab’s auch nicht noch länger ausformuliert, weil ich eh schon so einen endlos-Roman hatte.
          Also.
          Ich glaube, dass durch den Haufen existierender biphobe Vorurteile, die ich oben aufgezählt habe in Kombination hier ein Feindbild geschaffen wurde, das sich im Endeffekt gegen alle möglichen Frauen richtet, die mit Menschen mehr als einen Geschlechts in die Kiste oder sonstige romantischen Beziehungen steigen. Sowohl gegen Heteras/Bi-curious/heteroflexible Frauen, als auch gegen „ganz normale“ Bi-Frauen, die halt nach ein paar Monaten eine schiefgelaufene lesbische Beziehung beenden und dafür das „Modelesbe“ um die Ohren gehauen bekommen.

          Nachtrag: Das lässt sich natürlich auch von Hetero-Seite aus super verwenden. „Gib nicht auf, vielleicht ist sie ja nur ne Modelesbe und du kannst sie umdrehen.“ Bin mir nicht ganz sicher, ob das homophob ist, biphob oder beides. Und das heißt, dass es sich sogar noch gegen lesbische Frauen richten kann. Das ganze Konstrukt ist also einfach nur von vorn bis hinten scheiße. „Modelesbe“ ist schon als Begriff biphob und homophob gleichzeitig.

          Nachtrag 2: Und, natürlich richtet sich das Feindbild auf etwas, dass es garnicht gibt. So wie alle diskriminierenden Feindbilder nie etwas über die Person(en) aussagen, gegen die sie sich richten, sondern nur über die, in deren Kopf sie sich befinden.

          Nachtrag 3: Ich find das alles sehr spannend, dass sich das so nahtlos übertragen lässt (und traurig :-/). Gibt’s denn „auf schwul“ auch so einen Ausdruck? „Modeschwuler“? Ich hab das noch nie gehört.

      • Loellie

        Ich hab den original Artikel ja nur in Auszügen gelesen, von daher weiss ich nicht ob hier nun ein konkretes Feindbild aufgebaut werden soll, oder ob da nicht einfach nur eine mässig begabte Schreiberin zur Unterhaltung zu kräftig auf die Tube gedrückt hat.

        Dennoch kann man unbedingt von universellem Feindbild sprechen und die Antwort der Autorin war ja auch entsprechend klassisch aggresives Denial.

        „Auf schwul“ gibt es die Klemmschwester oder -schwuchtel, die ganz konkret unterdrückte Hommosexualität meint, also Typen, die knapp hetero genug sind um sich in einer konservativen Heterobeziehung zu verstecken, meist aus Karieregründen, oder die, ich glaub von Max Goldt geprägte Siebenbierbisexualität, was Heteros meint die sich besaufen um sich mal zu trauen.
        Und verknallt in einen hetero waren wir ja alle schon mal *schnüff*

        [Triggerwarnung: Sexualisierte Gewalt]

        Massenvergewaltigungen von Lesben zu deren Heilung sind in manchen Teilen dieser Welt erscheckender Weise eine Art Volkssport, aber auch bei uns liest und hört man den Spruch „die muss doch nur mal richtig gefickt werden“ ständig.

        • kiturak

          Du kannst den Artikel unter dem ersten link lesen.

          Bei der „unterdrückten Homosexualität“ ist eben das für mich (unter anderem) wichtige, dass es ja genauso unterdrückte Bisexualität meinen kann, aber davon wird nie gesprochen. Bi erasure – Leute sind eben entweder Homo oder Hetero.

          Zu den Teilen dieser Welt: Gut, dass Du die Relativierung dazugesetzt hast, dass dieser Spruch bei uns auch ständig kommt (ja! es ist zum Kotzen.), trotzdem glaube ich, dass pauschale Aussagen dieser Art keine gute Idee sind – selbst wenn das möglich ist, bleibt vor einem Weißen deutschen/westlichen kulturellen Hintergrund gelesen davon zu einfach das rassistische „Die Anderen sind barbarisch, rückständig und homophob“ hängen.

  3. kiturak

    Die versprochene Identifikationskiste, knapp weil zu viel Besuch.

    Ich stell mal ein paar Sachen von woanders hin, die ich dazu interessant finde:
    Open Forum: Rethinking Bisexuality auf Queers United
    Bisexual isn’t about there being only „two sexes“ auf The Bisexual Index (scrollen)

    und die Definition des Bisexual Resource Center,

    The BRC uses bisexual as an umbrella term for people who recognize and honor their potential for sexual and emotional attraction to more than one gender (pansexual, fluid, omnisexual, queer, and all other free-identifiers). We celebrate and affirm the diversity of identity and expression regardless of labels.

    Zusammenfassend, ich geb zu, dass das mit der Selbst-/Fremddefinition schwierig ist, und dass ein Wort, dass „Bi“ enthält, natürlich nie die Heteronormativitätsfalle loswerden kann. Ich verwend’s aus dem pragmatischen Grund, dass damit am meisten Leute was anfangen können, und weil ich weiß und am eigenen Leib erfahre, was „Biphobie“ bedeutet, aber nicht „Queerphobie“ – bzw. dass zweiteres einfach etwas anderes ist oder viele andere Dinge bedeuten kann.

    • Loellie

      Naja, das, was die meisten Leute mit dem Begriff Bi anfangen können, sind eben die oben gelisteten Vorurteile. Für mich ist Bisexuell ein Begriff aus der Pathologie, der mich irgendwo zwischen Krankheit und Geburtsfehler einsortiert. Was soll ich mit einer sexuellen Identität, wenn diese im Zweifel, und als ich alleinstehend, jünger und sexuell erheblich aktiver war war dies durchaus realistisch, sich dreimal am selben Tag ändert. Ganz grundsätzlich.

      Ich seh auch keinen Sinn darin, den Begriff Bisexuell zu „reclaimen“. Im Gegenteil fände ich es gut, wenn dieser Begriff einfach in Vergessenheit geriete. Was ja nun Meinung und keine Vorschrifft ist. Praktische Erfahrung, zumindest wenn es konkret um Sex und nicht um soziale Mechanismen geht, ist allerdings, dass das biologische Geschlecht in unserer Gesellschaft grotesk überschätzt wird.

      Und da du Gender-Oueer erwähnst, wenn ich die Wiki-Definition nehme „People who identify as genderqueer may think of themselves as being both man and woman …(u.a.)“ und als Mann jetzt mit jemand ins Bett geh, der oder die sich als Gender-Queer definiert, ist das dann schwul, hetero oder bi?

      • kiturak

        Zum Begriff: Du musst ihn ja nicht für Dich verwenden. Aber wenn er für andere sinnvoll ist, deren Orientierung vielleicht anders aussieht, dann kann es nicht gut sein, Leuten das abzusprechen.
        „Was die meisten Leute damit anfangen können“ stimmt halt nicht. Ich würde eher andersrum sagen, unter „bi“ können sich ein Haufen Menschen mehr vorstellen als unter „queer“. Und selbst wenn die meisten Leute mit dem Begriff „Frau“ zum Beispiel „irrational“, „emotional“, „dumm“ und „geschwätzig“ verbinden würden, muss das nicht heißen, dass wir den Begriff Frau abschaffen müssen.

        Im Gegenteil fände ich es gut, wenn dieser Begriff einfach in Vergessenheit geriete.

        Ja – aber dafür muss zuerst der (Hetero-)sexismus verschwinden, und dann kann bi, genauso wie homo, hetero, lesbisch und schwul*, für die das exakt gleiche gilt, gleich mit abgeschafft werden. Das aber hängt nicht von Selbstdefinitionen von marginalisierten Menschen ab. Ich weiß, Du sagst, den Begriff Bisexualität zu verwenden, trägt dazu bei – das erinnert mich aber zu stark an all die Leute, die über „post-racial“, „post-gender“ und ähnliche Konzepte dann Förderungs- bzw. Antidiskriminierungsmaßnahmen die Legitimation absprechen, mit dem Argument, das würde doch überhaupt erst die Gegensätze verursachen bzw. verstärken. Und das ist einfach ein kompletter Fehlschluss – schließlich haben (Hetero-)Sexismus und andere Unterdrückungskonzepte bei uns jahrhundertelang auch ohne affirmative action in unterschiedlichen Formen sehr gut funktioniert.
        Vor einiger Zeit hatten wir in einer Rassismus-Diskussion einen (Weißen) Typen, der meinte, warum der Begriff überhaupt verwendet würde, schließlich seien wir doch alle irgendwie unterdrückt, und warum wir nicht einen Begriff finden könnten, der allgemeiner gültig sei. Aber damit kann einfach niemand arbeiten, wenn es eben sehr spezifisch um genau eine Art der Unterdrückung geht. Und Biphobie ist eben nicht das gleiche wie Homophobie, oder Heteronormativität, oder Rassismus.

        Und da du Gender-Oueer erwähnst, wenn ich die Wiki-Definition nehme “People who identify as genderqueer may think of themselves as being both man and woman …(u.a.)” und als Mann jetzt mit jemand ins Bett geh, der oder die sich als Gender-Queer definiert, ist das dann schwul, hetero oder bi?

        Ich hab keine Ahnung, das habe ich mich auch schon oft genug gefragt (ich denke übrigens nicht von mir als Mann und Frau gleichzeitig, oder sowas. Eher, weder noch, sondern halt „ich“). Und, wenn sich ein Typ in mich verliebt, kann er sich dann Hetero nennen? Irgendwann landen wir damit auch bei den schwulen Frauen oder lesbischen Männern, spannend genug.
        Natürlich können wir zu allem einfach „queer“ sagen.
        Dann haben wir aber das Problem, bei dem ich eine Freundin von mir im Kopf habe, die erzählte, sie hätten eine Diskussion gehabt, bei der drei Parteien den Begriff „queer“ verwendet hätten, in jeweils völlig unterschiedlicher Bedeutung (genderqueer, queer als Orientierung, und queer als quasi-Synonym für LBTQ), ohne dass es jemand aufgefallen wäre. Und damit lässt es sich schlicht nicht arbeiten.

        Sprich, die meisten Begriffe in dem Zusammenhang haben einfach ihren ganz bestimmten Zweck in einem jeweiligen Kontext, und da würde ich sie lassen. Du musst nichts reclaimen, aber bitte lass uns anderen unsere Begriffe.

        *Nachtrag: sowie „Mann“ und „Frau“.

  4. diqqe

    Hallo
    Ich habe mir eure Beiträge alle mal durchgelesen. So gesehn habt ihr größtenteils recht.
    Ich wollte nur mal etwas über den Bericht in der NEON sagen. Ich fand ihn wirklich interessant und es geht ja nicht um Frauen die nicht wissen ob sie hetereo homo oder bi sind, sondern es geht um Frauen die sich aktiv Lesben suchen, um aus dem „Alltags-Sexleben“ auszubrechen. Die Autorin hat sich meiner Ansicht nach falsch ausgedrück aber sie hat einfach nur ihre Meinung gesagt und berichtet wie sie dies empfindet. Ich denke den Ausdruck des „sexuellen Missbrauchs“ hat sie aus Provokation verwendet und ich denke man kann dies so sehen, da diese Frauen wirklich nur auf der Suche nach Sex bzw. „Auf der Suche nach etwas zum angeben“ sind. Dass die Autorin sich wegen des guten Aussehns ihrer Bekanntschaft auf einen One-Night stand eingelassen hat und obwohl ihr klar war das diese Frau keine sexuellen Erfahrungen mit Frauen hat und sich danach beschwert finde ich nicht in Ordnung. Aber ich habe das Gefühl was die Autorin sagen wollte kam hier nicht so richtig an.

  5. kiturak

    diqqe, das mit dem sexuellen Mißbrauch kann „man“ nicht so sehen, und dieser Vergleich ist schlicht absolut inakzeptabel. Punkt, aus. Ich kann mir vorstellen, dass Du das Problem hier nicht siehst, möchte aber hier alle darauf hinweisen, dass Verharmlosung sexualisierter Gewalt etwas ist, was ich in der Regel hier schlicht als ganzen Kommentar nicht veröffentliche. Alle weiteren Kommentare, die diesen Vergleich ziehen, als akzeptabel darstellen, oder diese Frage weiter diskutieren*, landen im Papierkorb. Bitte lest die Kommentarrichtlinien.
    Noch einmal gesagt, „sexueller Mißbrauch“ ist etwas klar definiertes, das sehr wenig mit „Sex“ zu tun hat, der sich über das Einverständnis aller beteiligten Personen definiert. Bitte eignet Euch das Wissen darüber, warum solche Vergleiche nicht ok sind, selber an, ja? Ihr schafft das, ich weiß es.

    Ansonsten, sagst Du mir, was daran schlecht sein soll, aktiv Menschen zu suchen, um mit ihnen Sex zu haben? Solange sich das nicht als Übergriff äußert, ist das völlig legitimes Verhalten. Slut shaming nützt wirklich auch garniemandem was.

    Wie schon geschrieben, mein Text wendet sich nicht gegen die persönlichen Erfahrungen eines Menschen, sondern gegen das Feindbild, was sie über pauschalisierte, und falsche, Verurteilungen anderer Menschen hier in die Welt gesetzt hat.

    • kiturak

      *Nachtrag: Ich meine damit Beiträge, die die Frage diskutieren, OB das ein angebrachter Vergleich ist. Menschen, die schreiben wollen (z. B. aus eigener Erfahrung), warum sie unverbindlichen Sex-ohne-Liebe nicht mit sexualisierter Gewalt gleichgesetzt sehen wollen, sind nach wie vor willkommen und nicht off topic.

  6. diqqe

    [schnipp]
    Ansonsten würde ich gerne wissen warum du dir vorstellen kannst warum ich das Problem hier nicht sehe.

    [Antwort Kiturak: Die einzige Alternative hierzu wäre gewesen, Dir zu unterstellen, Du würdest das Problem sehen, aber trotzdem den Vergleich verteidigen. Da ich es im Sinne einer menschenfreundlichen, unverbitterten Lebensweise vorziehe, Leute nicht als böswillig grausam wahrzunehmen, solange darüber ein Zweifel besteht, klammere ich mich gern an die Möglichkeit, sie seien sich des Verletzenden ihrer Handlungen einfach nicht ganz bewusst.]

    • diqqe

      Okey ich sehe ich passe hier nicht herein. Ich habe verstanden warum du/ihr das für nicht angebracht haltet und akzeptiere das. Vielleicht habt ihr/du sogar recht und es ist nicht vertretbar das miteinander zu vergleichen und mir war bewusst, dass meine Meinung auf jeden Fall auf Wiederstand stößt, da dieser Artikel vernichtend kritisiert wurde. Natürlich bin ich mir bewusst was die genaue Definition von „sexuellem Missbrauch“ ist, nur um das nocheinmal klar zu stellen. Ich bin auch nicht grausam oder böswillig nur weil ich das was diese Frau gesagt hat nicht auf die direkte Definition beziehe. Aber gut lassen wir das. Der Artikel ist äußerst interessant und leider ist die Autorin vom Thema abgekommen, und beschreibt daher eher einen misslungenen Abend als das Problem was sie eigentlich ansprechen wollte, oder auch nicht, wer weiß.
      Ehrlich muss ich sagen das ich mich im Moment nicht traue das zu sagen was ich wirklich denke( seltsamer weise da ich selbstbewusst bin).
      Du hast deine feste Meinung, eine sehr gut Sache wie ich finde und was ich von mir in manchen Bereichen nicht behaupten kann, was damit zusammenhängt das ich noch relativ jung bin. Jedenfalls habe ich das Gefühl(wenn ich mich irre verbessere mich oder schneide es weg, oder sonstiges) dass für dich deine Meinung zählt der Rest wird herausgeschnitten.Aber es ist dein Block und kein öffentliches Portal, Zensur ist also gerechtfertigt. Aber den Punkt den ich eigentlich ansprechen wollte nämlich das Phänomän der „Modelesbe“ wurde hier unter den Tisch gekehrt. Leider es hätte mich interessiert was Leute verschiedenster Sexueller orientierung dazu sagen.
      Falls ich hier jemanden persönlich angegriffen oder verletzt habe, dann tut mir das Leid. Das war nicht meine Absicht.

      • kiturak

        diqqe, es freut mich, wenn Du es akzeptierst, und es tut mir leid, dass ich es hier offensichtlich ungemütlich gemacht habe für Leute, die jünger sind, oder auch einfach in den ganzen Debatten nicht so daheim.

        Nein, ich lösche nicht einfach alles, was meiner Meinung nicht entspricht. Ich lösche anhand meiner Kommentarrichtlinien.

        Was ich nicht verstehe daran, dass Du findest, Dein Punkt sei unter den Tisch gekehrt worden:

        Du hast doch garnicht auf meine Rückfrage zu Deiner Ansicht geantwortet – was denn daran schlecht sein soll, unverbindlichen Sex zu suchen?

        Und was ich mit meiner persönlichen sexuellen Orientierung zum „Phänomen Modelesbe“ zu sagen habe, dachte ich, hätte ich auch schon gesagt:

        Ich glaube, dass durch den Haufen existierender biphobe Vorurteile, die ich oben aufgezählt habe in Kombination hier ein Feindbild geschaffen wurde, das sich im Endeffekt gegen alle möglichen Frauen richtet, die mit Menschen mehr als einen Geschlechts in die Kiste oder sonstige romantischen Beziehungen steigen.

        Was fehlt Dir daran?

        • diqqe

          Ich bin in Debatten ja eigentlich daheim, deswegen bin ich so geschockt aber eben nicht mit so Meinungstarken Menschen.
          Naja ich habe mich erstmal persönlich angegriffen gefühlt und wollte klarstellen das ich das nicht so eng sehe.

          Ich denke es geht hier nicht um Frauen die sich sexuell ausprobieren möchten und eben auf Männer und Frauen stehen, sondern ich dachte es geht um das Problem, dass sich Frauen (ich denke auch Männer bei Schwulen) noch nicht mal wirklich für das gleiche Geschlecht interessieren sondern dies einfach tun um „angesagt“ „interessant“ zu sein. Zumindest hatte ich nicht das Gefühl das das Problem “ modelesbe“ an sich sich gegen bi-sexuelle Menschen richtet. Aber ich denke mein grundlegender Fehler war, das es hier nicht um das Phänomen der Modelesbe geht sondern um den Artikel und was ich davon halte habe ich denke ich deutlich gemacht

          • kiturak

            Hm, weißt Du, aber dass sich die betreffenden Frauen „nicht mal wirklich für das gleiche Geschlecht interessieren“ ist ja schon von vornherein eine Unterstellung.
            Woher will die Autorin oder sonst jemand das denn so genau wissen? Gehirnwellen-Messung?
            Selbst wenn es Leute gibt (und ich weiß das immer noch nicht!), die mit Frauen ins Bett gehen, obwohl sie das nicht wollen, ist das ein anderes Problem: Das von sexueller Autonomie, von Druck, der auf Menschen ausgeübt wird, damit sie sich in welcher Weise auch immer konform verhalten. Das Problem haben wir aber überall, und es ist zu billig und ungerecht (und frauenfeindlich!), da einfach pauschal das Bild einer „Modetussi“ zu beschwören.

            Wer mit wem warum ins Bett geht, ist erstmal nur Sache der betreffenden Person selbst. Sofern er_sie das von Anfang an klar ausdrückt, und alles in beiderseitigem Einverständnis passiert.
            Anders ist es, wenn es darum geht, wie sich Menschen dann dort verhalten.

            Ein Punkt ist zum Beispiel, mit jemand in die Kiste zu steigen und dann zu erwarten, dass die andere Person „schon macht“. Sich so zu verhalten, ist etwas, das Frauen immer noch in jedem Alter und jedem Bereich des Lebens eingetrichtert wird – und bei jungen und/oder unerfahrenen Frauen kann das von Haus aus noch krasser sein. Es gibt ja auch haufenweise Hetero-Leute, bei denen das ihr Leben lang genauso abläuft, er macht, sie lässt machen, er begehrt, sie lässt sich begehren. Das zu ändern ist etwas, wo nicht-hetero-Sex einfach viel mehr offene Tradition und Möglichkeiten hat. Wenn dann aber eine (z. B. lesbische) Frau, die Sex als Geben und Nehmen versteht, auf eine (z.B. bisher Hetera) trifft, die in der „mach mal“-Haltung, die sie kennt, alles über sich ergehen lässt, kann das natürlich für beide Seiten frustrierend sein (außer, sie suchen beide genau das). Vor allem vielleicht unmittelbarer spürbar für die Erstere, da die Letztere das eh gewohnt ist, dass der Kram halt so läuft. Das ist eine ziemlich traurige Angelegenheit. Aber das war auch mein Punkt mit dem guten Sex und dem link, den ich gesetzt hatte: Es ist eben wichtig, von Anfang an nur Sachen zu machen, die beide wollen. Und in diesem Beispiel kann die lesbische Frau auch sehr schnell sagen, dass sie so keinen Sex haben möchte.

            Nachtrag: Eine der traurigsten (und treffendsten!) Sachen, die ich in dieser Richtung gelesen hatte, war auf Tiger Beatdown (Vorsicht, Mad Men-Spoiler):

            She can’t tell the difference between an apple and a ball of wax made to look like an apple; she’ll eat either, probably, but she’s more used to how the second one tastes.

            Ums einfach nochmal zu zitieren:

            If, at any time, you perceive that your partner looks uncomfortable, apathetic, disinterested/disengaged about what’s going on, stop and ask them questions like: „Are you enjoying this? Is there something else you want?“, etc.. Then listen to their responses and take creative, consensual action on what you hear.

            Wenn es beiden Spaß macht, ist es völlig egal, ob eine der beiden beteiligten Frauen „eigentlich“ Hetera ist und immer dachte, dass sie mit Sex unter Frauen garnichts anfangen kann.
            Wenn nicht, genauso.

  7. marki

    Also ich muss mich schon sehr wundern, wieso es „neon“ überhaupt bin in irgendene reflektiertere Szene / Bogs hinein schafft.
    Ich lese das normalerweise nicht, erinnere mich aber an abstoßenden illustrationen, alles eben sehr grell und maistreamig. Ich bin fest überzeugt, daß in jedem einzelnen Artikel mehr an Sexismus zu finden ist, als in dem eingescannten (unter: kweens.de) und natürlich zu Recht gebashten von „Xenia“.

    Was sie Autorin natürlich noch immer nicht zu einer aufgeklärten, reflektierten, guten Person macht, aber immerhin auch bedeutet, daß sie in einem sexualisierten Medium einmal eine lesbische Meinung vertreten darf – so gesehen ein ganz schöner Bruch im Malestream. Eben deshalb ist der Artikel vermutlich auch schön sexistisch und dumm – man darf die Neonleser_innen auch nicht überfordern.

    Was ich außer der männlich/weiblich codierten Szenerie, in der die Hetra erst als Weibchen einsortiert und deshab erwählt wird, dann aber ganz böse ist, weil sie das Schema weiterverfolgt, also was daneben noch enorm krass ist, ist der Rat, dass man eine geplante sexuelle Praktik vorher schon mal auf Video einstudieren solle.

    Huah! Schreckliche Vorstellung. Und wenn alle das befolgen würden, würden alle Menschen das Video-Tutorial-Sex-Einheitsprogramm abspulen, ganz egal was das Gegenüber so macht. AUA.
    Andererseits: Wir lesen Neon.

    • kiturak

      huhu!

      Also ich muss mich schon sehr wundern, wieso es „neon“ überhaupt bin in irgendene reflektiertere Szene / Bogs hinein schafft. […]

      Ja, das wurde noch garnicht gewürdigt. Die NEON wird von Leuten gelesen, und deshalb ist das Ganze an sich eine sehr coole Sache – schön, prinzipiell, wenn solche Diskussionen nicht immer nur in der Nische stattfinden. Das ist das mit der Kritik an der Popkultur – „reflektierte“ Leute schauen genauso trashige Filme wie alle anderen. Es ist halt nur so, dass mit „die BILD ist halt scheiße, was regst Du Dich denn auf“ die BILD leider nicht von allein verschwindet. Und, die NEON wird von sehr verschiedenen Menschen gelesen, und darunter sind eben auch welche, mit denen es sich sehr gut über so Kram reden lässt.
      Ich bleibe im Übrigen dabei, dass die Gleichsetzung von „diskriminierend“ und „dumm“ nichts ist als eine Beleidigung von Menschen, die als „dumm“ wahrgenommen werden. Es gibt auch kluge diskriminierende Texte, und dumme menschenfreundliche.

      Was sie Autorin natürlich noch immer nicht zu einer aufgeklärten, reflektierten, guten Person macht, aber immerhin auch bedeutet, daß sie in einem sexualisierten Medium einmal eine lesbische Meinung vertreten darf

      Ja, jetzt wärs nur schön, wenn die „lesbische“ Meinung genau das wäre, und nicht vielmehr eine biphobe. Es wirkt so, als sei sie der Meinung, nach oben zu treten, aber sie teilt nach unten aus – oder, nebenan. Und auch, wenn Bi oder queere Menschen das gleiche Podium dort bekommen würden.

      also was daneben noch enorm krass ist, ist der Rat, dass man eine geplante sexuelle Praktik vorher schon mal auf Video einstudieren solle.

      Ja!! Du hast so recht. Das war auch sowas, was es aus Platz- und Klarheitsgründen nicht in meinen Post geschafft hat. Ich meine, wtf?! Unsere Einschätzung war, Porno – wie auch immer mensch dazu steht – ist an sich viel eher was für Leute, die wissen, was sie wollen. Nebenbei meinte die Freundin, die sich damit ein wenig besser auskennt, was für welche eigentlich? Frau würde dabei vermutlich auf zwei Filme aus den 70ern stoßen, irgendwas mit Feen und langen Fingernägeln. 😀 Ich nehme mal schon an, dass es da, grad über Porno 2.0, einiges mehr gibt, aber – ehm, ja. Weiß garnicht, wie ich das damals überhaupt alles gemacht habe, so ganz ohne autoritative technische Anleitung – eine Zumutung, bestimmt.

  8. marki

    Ich finde es schade, dass hier jeder einzelene Beitrag noch auf klitzekleinste bisschen auseinandergenommen wird, um wirklich jeden zu delegitimieren. Ich verstehe jetzt, was diqqe meinte und habe selbst auch wenig Lust mich darauf einzulassen. ja, vielleicht ist es einfach das Motzen darüber, dass ich mir die Mühe gemacht habe, hier mitzumachen und nun einfach abgewartscht werde. Wozu da noch einsteigen?

    „“ Was sie Autorin natürlich noch immer nicht zu einer aufgeklärten, reflektierten, guten Person macht, aber immerhin auch bedeutet, daß sie in einem sexualisierten Medium einmal eine lesbische Meinung vertreten darf““

    „Ja, jetzt wärs nur schön, wenn die „lesbische“ Meinung genau das wäre, und nicht vielmehr eine biphobe. Es wirkt so, als sei sie der Meinung, nach oben zu treten, aber sie teilt nach unten aus – oder, nebenan. Und auch, wenn Bi oder queere Menschen das gleiche Podium dort bekommen würden.“

    Ja, klar wär‘ das schön. Aber der Reihe nach: Kiturak stellt also Teile meiner Aussage, von der ich gerne zugebe, dass sie einfach runtergeschrieben war und vielleicht Fehler enthält, in kleinen zitaten hin und nimmt die auseinander. Also eben „eine lesbische Meinung“ kommt an den Pranger. Mit den Bemerkungen, daß die Meinung diskriminierend ist, nur starre Rollenbilder kennt, viele andere vergißt und sogar ausgrenzt, hat Kiturak absolut recht. Aber eine Meinung von vielen muss ja noch nicht die Beste, Klügste, Richtige sein und ist immerhin schon eine mal eine Repäsentation von „lesbisch“ innerhalb einer sonst rei Heterosexuellen Matrix. Recht hast Du natürlich damit, dass es auch weitere Meinungen und repäsentationen geben sollte.

    Aber: Mein Argument war, dass das in NEON eben schon viel ist überhaupt eine vom Malestream abweichende Meinung zu haben. Das Beispiel Bild zeigt es doch, wie absurd es ist, da Platz für alle marginalisierten Gruppen zu fordern. Natürlich hätte ich lieber eine faire Zeitung mit echten Informationen drin als die Bild, natürlich hätte ich lieber ein fundiertes Magazin als NEON, aber es ist eben absurd das genau ein den plattesten Vertretern des Malestreams, die diesen erst fleissig mitschaffen, einzufordern. Beziehungsweise: Fordern kann man schon. Es ist aber genau bi diesen Printprodukten aussichtsloser als bei anderen.

    Also, was war diesmal falsch? Hau drauf!

    • kiturak

      marki, wenn Du mir jetzt noch sagst, was in Deiner Wahrnehmung eine „Delegitimation“/“abwatschen“ und eine detaillierte Antwort unterscheidet? Ansonsten drängt sich mir der Verdacht auf, dass Dein Vorwurf ein klein bisschen Projektion ist: Schließlich ist es eher Deine Position, meiner gesamten Kritik über das „was willst Du denn, ist doch nur die NEON“ die Legitimation zu entziehen. Schließlich darfst Du hier im Detail kritisieren, aber auf Dich wiederum darf niemand kritisch eingehen?
      Ich bin an sich überrascht, weil ich mich über Deinen Kommentar gefreut hatte und damit an sich sehr weitgehend inhaltlich einer Meinung war.

      Wenn Du allerdings eine Nichtveröffentlichung von Kommentaren aufgrund derber, potentiell triggernder Beleidigung (sowohl der Opfer sexualisierter Gewalt als auch gleichzeitig der Menschen, deren auf Zustimmung basierende sexuelle Realität damit verglichen wird) nicht unterscheiden kannst von einer eingehenden Kritik Deiner Äußerungen, oder wenn Du erwartest, dass alles, was Du schreibst, hier kommentarlos stehengelassen wird, und sauer bist, wenn das nicht passiert, bist Du herzlich eingeladen, woanders als hier zu schreiben.

  9. A.

    wow. bi-bashing, bi-phobie ./. modelesben, enthusiastic consent etc.
    danke ! klasse beobachtet und beschrieben. entspricht auch meinen erfahrungen. ausserdem ist das auch wieder so ein labeling, das m.E. nicht einer sog. selbstbestimmten sexuellen identität und leben entspricht.
    als realistin werde ich es nicht mehr erleben, dass dies nicht mehr sein wird.
    *sigh

  10. Pingback: Warum Bi kein Anhängsel schwuler und lesbischer Bewegungen sein kann | kiturak
  11. Zweisatz

    Etwas spät, aber super Artikel! Ich habe den, auf den du dich beziehst, nicht gelesen, aber finde das extrem gruselig, was sich aus deinem Artikel herauslesen lässt über den Umgang der Neon-Autorin mit anderen.

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